Erich - Das Los Juve löste bei den meisten von uns nicht gerade Begeisterung aus. Rein sportlich wohl eines der schwersten Lose im Topf, dazu kommt noch, dass die Stadt Turin bei den Europapokalfetischisten unter uns nicht gerade das typische Europapokalflair auslöst. Turin liegt nicht gerade weit weg von unserer Heimat und ist faktisch schneller zu erreichen wie viele Buli-Auswärtsspiele. Immerhin sah es dank dem hochverdienten 2:0-Hinspielsieg sportlich betrachtet schon mal sehr gut aus. Auch nach ein paar Sonnenstrahlen sehnten wir uns, nachdem wir vier Tage zuvor, die 23. Meisterschaft bei gefühlten minus 20 Grad in Frankfurt feiern durften.
Leider war dann unser 9er bei der Abfahrt am Mittwochmittag nicht vollständig besetzt. Nur die Auswärtsdauerkarteninhaber und noch wenige glückliche, die privat an ein Ticket kamen, durften die gut vierstündige Reise Richtung Süden in Angriff nehmen. Nach unserer Landesgrenze war dann endgültig warmes Wetter angesagt, sprich der erhoffte Wetterumschwung vom Frankfurter Winter zum italienischen Frühling, fand tatsächlich statt. Nicht nur das Wetter wechselte, sondern auch das Niveau auf der Autobahn. Gefühlt alle zehn Minuten winkte uns ein blankes, italienisches Hinterteil entgegen. Das Juvefans stinken wussten wir eigentlich schon länger, dass sie auch noch vom anderen Ufer sind, mussten wir an diesem Nachmittag zur Kenntnis nehmen. Überhaupt ist die Turnier Fanszene schlichtweg peinlich; die „Drughi Ultras“ verkaufen ihre eigenen Fanartikel jedem Vollpfosten. Einfach zum fremdschämen. Die alten italienischen Ultras werden sich wohl im Grabe drehen, wenn sie diese Zustände in Turin sähen. Von der Stadt selber sahen wir dieses Mal eher wenig, oder soll man sagen, zum Glück wenig, denn zu sehen gibt es dort nicht viel. Wir mussten den ganzen Abend auf einem Busparkplatz weilen und nach einer gefühlten Ewigkeit gab es dann eine Polizeieskorte zum neuen Juventus Stadion. Diese Eskorte war völlig überflüssig, denn der Juveanhang ist nicht wirklich gewaltbereit und man traf eher ein Eventpublikum an, was wir ja bestens kennen aus unserer Arena zu Fröttmaning.
Dieses „ich-singe-nur-an-wichtigen-Europapokal-Spielen-Publikum“ machte dann aber in den ersten 20-30 Minuten mächtig Dampf. Man muss auch dem Architekten ein Kompliment machen. Ein sehr fanfreundliches Stadion, in welchem einfach gute Stimmung aufkommen muss. Ungemütlich war es für uns zu Beginn auch auf dem Spielfeld, denn Juve war die ersten Minuten feldüberlegen und wir fanden nicht wie gewohnt ins Spiel. Man soll sich lieber nicht ausdenken, was in diesem kleinen Kessel los gewesen wäre, wenn Juve eine seiner Halbchancen ausgenutzt hätte. Dann wäre es aber mal so richtig giftig geworden. Gott sei Dank aber alles plumper Konjunktiv, denn Mandschu erlöste uns in der zweiten Halbzeit mit seinem wichtigen Auswärtstor und brachte uns endgültig auf Kurs Wembley. Spätestens jetzt konnten die gut 2000 Roten auf den Rängen auch akustisch dagegenhalten. Pizas 2-0 war reine Kosmetik in der Nachspielzeit. Der Italienerfluch war überwunden. Grosse Genugtuung, denn zugegebenermassen war es im tiefsten Hinterkopf auch eine kleine nationale Revanche. Zu gross war die (wiederholte) Italienerschmach von Warschau im letzten Juni.
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